Lucides Träumen: Ein neuer Bewusstseinszustand zwischen Schlaf und Wachsein

NIJMEGEN / MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Wissenschaftler haben einen neuen Bewusstseinszustand entdeckt, der weder dem Schlaf noch dem Wachsein entspricht: das luzide Träumen. Diese Erkenntnis könnte unser Verständnis von Bewusstsein revolutionieren.

Lucides Träumen, ein faszinierendes Phänomen, bei dem Träumende sich ihrer Träume bewusst werden und diese beeinflussen können, wird nun als eigenständiger Bewusstseinszustand anerkannt. Eine Studie unter der Leitung von Çağatay Demirel vom Donders Center for Cognitive Neuroimaging an der Radboud University Medical Center in den Niederlanden hat gezeigt, dass luzides Träumen weder vollständig dem Wachzustand noch dem typischen REM-Schlaf entspricht. Stattdessen weist es einzigartige Gehirnwellenmuster und neuronale Aktivitäten auf, die es von anderen Zuständen unterscheiden.

Durch die Analyse umfangreicher EEG-Daten aus mehreren Studien identifizierten Demirel und sein Team spezifische Gehirnregionen, die mit dem luziden Träumen in Verbindung stehen. Besonders die rechte zentrale Hirnlappen, der Parietallappen und der Precuneus zeigten während luzider Träume Veränderungen in der elektrischen Aktivität. Beta-Wellen, die mit bewusstem Denken, Problemlösung und Entscheidungsfindung assoziiert werden, traten in den rechten temporalen und parietalen Lappen verstärkt auf. Diese Bereiche sind entscheidend für das räumliche Bewusstsein, das nonverbale Gedächtnis und die Selbstwahrnehmung, was erklärt, warum luzide Träumer ihre Träume erkennen und kognitiv steuern können.

Zusätzlich zu den Beta-Wellen nahmen auch die Gamma-Wellen, die schnellsten Gehirnwellen, insbesondere im rechten Precuneus zu. Diese Gehirnregion spielt eine Schlüsselrolle im selbstreferenziellen Denken – dem Prozess der Selbstreflexion. „Wenn das luzide Träumen beginnt, nehmen die Gamma-Wellen im rechten Precuneus zu“, erklärte Demirel und hob dieses neuronale Muster als Kennzeichen des bewussten Erlebens innerhalb von Träumen hervor.

Die Studie untersuchte auch die funktionelle Konnektivität – die Kommunikation zwischen verschiedenen Gehirnregionen – während des luziden Träumens. Forscher fanden heraus, dass die Alpha-Band-Konnektivität (8–12 Hz) während des luziden Träumens im Vergleich zum nicht-luziden REM-Schlaf signifikant zunahm. Darüber hinaus stieg die interhemisphärische und interregionale Gamma-Konnektivität, was auf ein weitreichendes Netzwerkengagement hindeutet.

Interessanterweise ähnelt die während des luziden Träumens beobachtete Gehirnaktivität den Mustern, die bei psychedelischen Drogen wie LSD und Ayahuasca auftreten. Beide Erfahrungen beinhalten Veränderungen im Precuneus, einer Region, die entscheidend für das Selbstgefühl und die Ego-Verarbeitung ist. Während Psychedelika oft zu einer Auflösung des Egos und einer reduzierten selbstreferenziellen Verarbeitung führen, scheint das luzide Träumen Elemente des Selbstbewusstseins und der Kontrolle zu nutzen.

Diese Erkenntnisse beleuchten die elektrophysiologischen Korrelate des luziden Träumens und helfen, es als unabhängigen Bewusstseinszustand zu etablieren. Durch die Zusammenführung menschlicher EEG-Daten aus mehreren Laboren und die Anwendung einer adaptiven mehrstufigen Vorverarbeitungspipeline konnte das Team von Demirel subtile, aber deutliche neuronale Signaturen sowohl auf Sensor- als auch auf Quellniveau erkennen.

Die Studie erweitert das Verständnis darüber, wie sich Wahrnehmung, Gedächtnis, Selbstbewusstsein und kognitive Kontrolle während des luziden Träumens verändern. Wie Demirel bemerkte, „öffnet diese Forschung die Tür zu einem tieferen Verständnis des luziden Träumens als einem komplexen Bewusstseinszustand, indem sie auf die Möglichkeit hinweist, dass das bewusste Erleben aus dem Schlaf selbst entstehen kann.“

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