Europas digitale Abhängigkeit von US-Technologie

MÜNCHEN / LONDON (IT BOLTWISE) – Die digitale Landschaft Europas steht vor einer Herausforderung, die weit über wirtschaftliche Belange hinausgeht. Die enge Verflechtung zwischen der US-amerikanischen Tech-Elite und der Regierung in Washington könnte Europa in eine strategische Zwickmühle führen.

Die Allianz zwischen der Tech-Elite des Silicon Valley und der US-Regierung bleibt trotz öffentlicher Konflikte, wie dem zwischen Elon Musk und Donald Trump, bestehen. Diese Zusammenarbeit ist aus geschäftlicher Sicht sinnvoll, da Tech-Unternehmen von einer wohlwollenden Regierung profitieren, die Deregulierung und weniger staatliche Eingriffe verspricht. Doch diese enge Verbindung hat weitreichende Konsequenzen für Europa, das zunehmend von US-Technologie abhängig wird.

Ein Blick auf den europäischen Cloud-Markt zeigt die Dominanz amerikanischer Unternehmen: Microsoft, Google und Amazon kontrollieren etwa 70 Prozent des Marktes. Diese Abhängigkeit erstreckt sich auch auf andere Bereiche, wie die Nutzung von KI-Diensten. In Deutschland arbeiten mehr Entwickler an ChatGPT als in jedem anderen Land außerhalb der USA, wobei diese Dienste über Microsofts Cloud-Services laufen, die letztlich der Kontrolle der US-Regierung unterliegen könnten.

Die politische Dimension dieser technologischen Abhängigkeit wird immer deutlicher. David Sacks, ein Technologieberater von Donald Trump, hat offen erklärt, dass die Welt sich um den amerikanischen ‘Tech-Stack’ organisieren soll, was Europa explizit einschließt. Diese Vision könnte Europa in eine Position bringen, in der es bei politischen Verhandlungen unter Druck gesetzt wird, indem der Zugang zu kritischen Technologien als Verhandlungsmasse genutzt wird.

Europa hat die Warnzeichen erkannt und arbeitet an Alternativen. Derzeit läuft die Bewerbungsphase für fünf große KI-Gigafabriken, die europäische Alternativen zu den US-Rechenzentren schaffen sollen. Auch deutsche Standorte sind im Rennen. Amazon reagiert auf die wachsenden Sicherheitsbedenken seiner Kunden und kündigt verstärkt europäische Server an.

Der Aufbau europäischer Alternativen benötigt jedoch Zeit. Bis dahin müssen Unternehmen und Politik strategisch denken und kreative Wege finden, ihre Verwundbarkeit gegenüber US-Technologie zu minimieren. Experten empfehlen modulare Ansätze, bei denen verschiedene KI-Modelle kombiniert und Open-Source-Lösungen für sensible Daten genutzt werden. Lokale Infrastrukturen könnten ebenfalls helfen, die Abhängigkeit zu verringern.

Die aktuelle Offenheit amerikanischer Tech-Politiker könnte paradoxerweise Europas Rettung sein. Wenn die Karten offen auf dem Tisch liegen, wird die Dringlichkeit eigener Lösungen sichtbar. Der Zug ist noch nicht abgefahren, aber er fährt bald ab. Europa muss jetzt handeln, um seine digitale Souveränität zu sichern.

Unseren KI-Morning-Newsletter «Der KI News Espresso» mit den besten KI-News des letzten Tages gratis per eMail - ohne Werbung: Hier kostenlos eintragen!