KI-Modelle entschlüsseln Persönlichkeit durch Textanalyse

BARCELONA / LONDON (IT BOLTWISE) – Die Fähigkeit von Künstlicher Intelligenz, Persönlichkeitseigenschaften aus geschriebenem Text zu erkennen, eröffnet neue Möglichkeiten in der Psychologie und darüber hinaus.

Die jüngsten Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz haben gezeigt, dass KI-Modelle in der Lage sind, Persönlichkeitseigenschaften aus geschriebenen Texten zu erkennen. Forscher der Universität Barcelona haben nun nicht nur diese Fähigkeit bestätigt, sondern auch die Entscheidungsprozesse der Modelle durch den Einsatz erklärbarer KI-Techniken wie integrierte Gradienten analysiert. Diese Techniken ermöglichen es, die spezifischen Wörter und linguistischen Muster zu identifizieren, die zu den Vorhersagen der Modelle beitragen.

Besonders bemerkenswert ist, dass die Big Five-Persönlichkeitseigenschaften zuverlässiger erkannt werden als die Typen des Myers-Briggs Type Indicator (MBTI). Die Big Five, bestehend aus Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und emotionaler Stabilität, bieten eine stärkere Grundlage für die KI-basierte Persönlichkeitsanalyse. Diese Erkenntnisse könnten den Weg für transparente und ethische Persönlichkeitsbewertungen in verschiedenen Bereichen wie Psychologie, Personalwesen und Bildung ebnen.

Die Forscher verwendeten die Modelle BERT und RoBERTa, um Textdaten zu analysieren und Persönlichkeitsmerkmale zu identifizieren. Dabei wurde deutlich, dass die Big Five besser mit den linguistischen Markern des Verhaltens übereinstimmen als der MBTI. Diese Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht und bieten neue Perspektiven für das Verständnis der Manifestation von Persönlichkeit in natürlicher Sprache.

Ein wesentlicher Aspekt der Studie ist die Anwendung erklärbarer KI-Techniken, die es ermöglichen, die „Black Box“ der Algorithmen zu öffnen. Dies stellt sicher, dass die Vorhersagen auf psychologisch relevanten Signalen basieren und nicht auf Artefakten in den Daten. Die Forscher betonen, dass diese Methode die wissenschaftliche Validität der KI-Modelle garantiert und eine solide Grundlage für kontinuierliche Verbesserungen bietet.

Die Studie hebt auch die Einschränkungen des MBTI-Modells hervor, das im Vergleich zu den Big Five weniger robust für die automatische Persönlichkeitsbewertung ist. Trotz seiner weiten Verbreitung in der Informatik und einigen angewandten Bereichen der Psychologie neigt das MBTI dazu, sich mehr auf Artefakte als auf reale Muster zu stützen.

Die Anwendung automatischer Persönlichkeitsdetektionstechniken kann erhebliche Auswirkungen auf das Feld der Persönlichkeitspsychologie haben. Sie ermöglichen es Psychologen, linguistische Muster zu identifizieren, die mit verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften assoziiert sind und die mit traditionellen Methoden möglicherweise unbemerkt bleiben. Dies kann zu natürlicheren und weniger aufdringlichen Bewertungsmethoden führen, die besonders wertvoll für die Untersuchung großer Bevölkerungsgruppen sind.

In der klinischen Praxis können diese Methoden bei der Erstbewertung und Nachverfolgung von Patienten helfen, indem sie Veränderungen in der Sprache oder im verbalen Ausdruck als Indikatoren für wichtige psychologische Elemente für die Therapie fokussieren. Auch in anderen Bereichen wie der Personalauswahl, der Bildungsanpassung und der Entwicklung virtueller Assistenten können sie eine wichtige Rolle spielen.

Die Forscher betonen, dass alle Anwendungen auf wissenschaftlich fundierten Modellen basieren und die von ihnen untersuchten Erklärbarkeitstechniken integrieren sollten, um eine ethische und transparente Nutzung zu gewährleisten. Trotz des Potenzials glauben die Forscher, dass diese Modelle traditionelle Persönlichkeitstests kurzfristig nicht ersetzen, sondern ergänzen und eine zusätzliche, tiefere Perspektive bieten werden.

Die nächsten Schritte in dieser Studie umfassen die Erweiterung der Analyse auf andere Texttypen, Plattformen, Sprachen und Kulturen, um zu bestätigen, ob die identifizierten Muster in verschiedenen Kontexten konsistent sind. Die Forscher wollen auch die Anwendung dieser Techniken auf andere psychologische Konstrukte jenseits der Persönlichkeit, wie emotionale Zustände oder Einstellungen, erkunden.

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