US-Anleihen verlieren ihren Status als sicherer Hafen

LONDON (IT BOLTWISE) – Die Stabilität der US-Staatsanleihen, einst als ultimative Sicherheit in Krisenzeiten angesehen, steht zunehmend in Frage. Die Vereinigten Staaten sehen sich mit einer fiskalischen Glaubwürdigkeitskrise konfrontiert, die das Vertrauen globaler Investoren erschüttert. Dies könnte weitreichende Konsequenzen für das Weltfinanzsystem haben und einen neuen globalen Wettbewerb um Kapital auslösen.

Die US-Staatsanleihen galten lange als der Inbegriff von Sicherheit und Verlässlichkeit auf den globalen Finanzmärkten. Doch in jüngster Zeit beginnt dieser Status zu bröckeln, was nicht zuletzt auf hausgemachte Probleme zurückzuführen ist. Die fiskalpolitische Verantwortungslosigkeit der USA, gepaart mit politischen Machtkämpfen um die Schuldenobergrenze und Zweifel an der Unabhängigkeit der Federal Reserve, hat das Vertrauen der Investoren erschüttert.

Die Märkte haben bereits reagiert: Die Prämien für Kredit- und Laufzeitrisiken bei US-Treasuries sind erheblich gestiegen. Für 30-jährige Anleihen liegen sie teils bei 100 Basispunkten, ein Niveau, das normalerweise Schwellenländern vorbehalten ist. Diese Entwicklung hat zu Vergleichen mit Ländern wie Argentinien geführt, wenn auch mit einem Anflug von Galgenhumor.

Ein weiterer Faktor, der zur Unsicherheit beiträgt, ist die politische Instabilität in den USA. Als Donald Trump die Absetzung von Fed-Chef Jerome Powell ins Spiel brachte, reagierten die Märkte mit Nervosität. Der Dollar fiel, während die Renditen stiegen. Dies war kein normaler Kursausschlag, sondern ein Misstrauensvotum gegenüber der politischen Stabilität der USA.

Die Haushaltslage in Washington ist ebenfalls besorgniserregend. In den vergangenen zwölf Monaten beliefen sich die US-Staatsausgaben auf über 7 Billionen Dollar, davon allein 1 Billion für Zinsen. Das strukturelle Defizit wird zunehmend durch die Emission neuer Anleihen finanziert, was das Misstrauen der Kapitalmärkte weiter verstärkt.

Während die USA um Vertrauen kämpfen, startet Europa eine eigene Kapitaloffensive. Deutschland plant in diesem Jahr Emissionen über 380 Milliarden Euro, um Investitionen in Infrastruktur, Verteidigung und Digitalisierung zu finanzieren. Dieser Strategiewechsel der Bundesregierung, weg von eiserner Sparpolitik hin zu aktiver Fiskalsteuerung, stellt einen Paradigmenwechsel am europäischen Anleihemarkt dar.

Die wachsende Zahl von Emittenten, von Japan bis zur EU, verschärft den Druck auf die USA. Auch das Ende der Liquiditätsflut durch die Notenbanken zwingt Staaten, ihre Platzierungsstrategien zu überdenken. Japanische Pensionsfonds könnten sich angesichts attraktiverer heimischer Anleihen aus dem Ausland zurückziehen, was weitreichende Folgen für US-Treasuries hätte.

Die zentrale Frage bleibt, ob es den USA gelingt, das Vertrauen der Märkte zu stabilisieren. Anleger sind zunehmend bereit, ihre Kapitalströme neu zu kalibrieren. In einem Umfeld wachsender geopolitischer Spannungen könnte dies Folgen haben, die über Anleihemärkte hinausreichen.

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