BRÜSSEL / MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Die geplante Abschwächung der EU-Lieferkettenrichtlinie könnte für Unternehmen erhebliche rechtliche Risiken mit sich bringen. Internationale Juristen warnen davor, dass die geplanten Änderungen die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens gefährden und zu einer Welle von Klagen führen könnten.

Die EU-Kommission hat kürzlich vorgeschlagen, die Anforderungen an Unternehmen im Rahmen der EU-Lieferkettenrichtlinie zu lockern. Konkret geht es darum, dass Unternehmen zwar weiterhin Klimaschutzpläne erstellen, diese jedoch nicht mehr zwingend umsetzen müssen. Diese Änderung könnte laut einem Brief von 31 internationalen Juristen, darunter Experten renommierter Universitäten wie Oxford und Sciences Po, zu einem erheblichen Anstieg der Haftungsrisiken für Unternehmen führen.
Die Forscher betonen, dass das Fehlen eines bindenden Rechtsrahmens die Einhaltung der Klimaziele des Pariser Abkommens gefährden könnte. Bereits jetzt laufen Prozesse gegen große Unternehmen wie TotalEnergies, ENI, VW, BNP Paribas und ING, die sich mit der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels beschäftigen. Die geplante Verwässerung der Richtlinie könnte eine rechtliche Lücke schaffen, die von Gerichten in den EU-Mitgliedstaaten gefüllt werden müsste, was zu einer Zunahme von Rechtsstreitigkeiten führen könnte.
Thom Wetzer, Juraprofessor an der Universität Oxford und Initiator des Briefs, warnt vor einem Albtraumszenario für Unternehmen. Die Unsicherheit über ihre Klimaschutzverpflichtungen könnte nicht nur das Geschäft, sondern auch Investitionen negativ beeinflussen. Wetzer rechnet mit einer Klagewelle, die zunächst die fossile Energiebranche treffen könnte, bevor sie sich auf andere Sektoren wie die Finanzbranche und energieintensive Industrien ausweitet.
Die EU-Kommission hat sich bisher nicht zu der Kritik der Juristen geäußert. Eine Sprecherin erklärte, dass man den Brief nicht kommentieren werde. Die EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflicht für Nachhaltigkeit in Unternehmen ist im Juli 2024 in Kraft getreten. Die EU-Länder müssen sie innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umsetzen. Im Bundestagswahlkampf wurde die Richtlinie zu einem Symbol für überbordende Bürokratie, insbesondere von den Unionsparteien kritisiert.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat bei einem Besuch in Brüssel angekündigt, das nationale Lieferkettengesetz aufheben zu wollen und erwartet, dass die EU diesem Schritt folgt. Diese Aussage sorgte in Brüssel für Irritationen, da eine Abschaffung der EU-Richtlinie nie zur Debatte stand. Auch in Berlin stieß Merz’ Auftritt auf Befremden, insbesondere bei der SPD, die im Koalitionsvertrag keine Abschaffung der Richtlinie vorsieht.
Die Debatte um die EU-Lieferkettenrichtlinie zeigt die Spannungen zwischen wirtschaftlichen Interessen und Klimaschutzverpflichtungen. Während einige Politiker eine Reduzierung der Bürokratie fordern, warnen Experten vor den rechtlichen und finanziellen Risiken, die eine Verwässerung der Richtlinie mit sich bringen könnte. Die kommenden Monate werden zeigen, wie die EU und ihre Mitgliedstaaten mit diesen Herausforderungen umgehen werden.

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