MÜNCHEN / LONDON (IT BOLTWISE) – BYD, der chinesische Elektroautohersteller, steht in Deutschland vor großen Herausforderungen. Trotz Erfolgen in Südeuropa bleibt der deutsche Markt schwer zu knacken. Lokalisierung und ein starkes Servicenetz könnten entscheidend sein, um die Barrieren zu überwinden und den Marktanteil zu steigern.

BYD, ein führender Hersteller von Elektrofahrzeugen aus China, hat in den letzten Jahren beeindruckende Erfolge in Südeuropa erzielt. In Ländern wie Italien, Spanien und Großbritannien konnte das Unternehmen aufgrund der preissensiblen Kundschaft und der geringeren Markentreue Fuß fassen. Besonders im Vereinigten Königreich profitiert BYD von der Abwesenheit von EU-Strafzöllen auf chinesische Elektrofahrzeuge, was zu Marktanteilen von bis zu neun Prozent geführt hat.
In Deutschland hingegen sieht die Situation anders aus. Der Markt ist geprägt von loyalen Käufern, die großen Wert auf Restwerte und Markenvertrauen legen. BYD hat es bislang nicht geschafft, diese Hürden zu überwinden. Im Jahr 2024 verzeichnete das Unternehmen weniger als 3.000 Neuzulassungen, weit entfernt von den ambitionierten Zielen von 120.000 Einheiten bis 2026. Ein Vergleich mit MG, einem weiteren chinesischen Hersteller, zeigt, dass ein breites Händlernetz und eine klare Modellstrategie entscheidend sind, um in Deutschland erfolgreich zu sein.
Ein weiteres Problem für BYD ist die hohe Anzahl an taktischen Neuzulassungen. Über 60 Prozent der Fahrzeuge wurden an Händler und Mietwagenflotten verkauft, was zwar die Sichtbarkeit erhöht, aber die Restwertproblematik verschärft. Chinesische Modelle liegen ohnehin etwa zehn Prozentpunkte unter den etablierten Marken, und eine aggressive Flottenstrategie könnte langfristig die Leasingfaktoren und die Attraktivität für Unternehmensflotten beeinträchtigen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, plant BYD, die Produktion in Europa zu lokalisieren. Ein Werk in Szeged, Ungarn, soll mittelfristig bis zu 300.000 Einheiten liefern. Diese lokale Fertigung könnte den Zolldruck senken und die Lieferzeiten stabilisieren, was wiederum die Restwertgeschichte verbessern könnte. Doch die reine Montage reicht nicht aus; entscheidend sind Qualität, Lokalisierungsgrad und die Integration von Zulieferern, um als europäisch verankert wahrgenommen zu werden.
Die finanzielle Lage von BYD ist ebenfalls angespannt. In China herrscht ein intensiver Preiskampf, der die Margen drückt, und die Regierung fordert schnellere Zahlungen an Zulieferer. Für den europäischen Markt bedeutet dies, dass BYD sich von reinen Volumenzielen hin zu nachhaltigen Margen bewegen muss, um die Expansion nicht an der eigenen Bilanz scheitern zu lassen.
Die Führung von BYD steht vor der Herausforderung, das Händlernetz schnell auszubauen und gleichzeitig die Restwert- und Flottenstrategie zu optimieren. Maria Grazia Davino, die für den Ausbau des Händlernetzes verantwortlich ist, muss einen Spagat zwischen aggressivem Wachstum und der Vermeidung von Preisdumping schaffen. Der Erfolg in Deutschland wird davon abhängen, ob BYD die Prozesse optimieren und die Servicequalität verbessern kann, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen.
Der Wettbewerb schläft nicht: Europäische Hersteller wie Volkswagen, Mercedes und BMW bringen neue Elektrofahrzeuge auf den Markt, die mit besseren Plattformen und günstigeren Varianten punkten. Auch andere chinesische Hersteller wie Chery und XPeng lokalisieren ihre Produktion in Europa, was den Druck auf BYD weiter erhöht. Die Differenzierung wird zunehmend über die Gesamtleistung aus Produkt, Marke, Ökonomie und Betrieb entschieden.
Für BYD gibt es bis 2027 mehrere Szenarien: Eine erfolgreiche Lokalisierung und steigende Restwerte könnten zu einem nachhaltigen Marktanteil von über zwei Prozent in Deutschland führen. Alternativ könnte ein Fokus auf hohe Zulassungen über Vermieter die Margen erodieren lassen. Im schlimmsten Fall könnten anhaltende Prozessprobleme und ein zu breites Portfolio die Expansion in Deutschland behindern, sodass sich BYD auf Südeuropa konzentrieren muss.
Um in Deutschland erfolgreich zu sein, muss BYD den Fokus auf wenige Kernmodelle legen, die Lokalisierung vorantreiben und ein starkes Restwertprogramm etablieren. Eine enge Zusammenarbeit mit großen Leasinggesellschaften und die Verbesserung der Servicequalität sind entscheidend, um das Vertrauen der deutschen Kunden zu gewinnen. Deutschland lässt sich nicht im Sprint erobern; es erfordert eine Investition in Prozesse, Restwerte und Service, um die letzte Bastion zu kippen.

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