MÜNCHEN/BERLIN (IT BOLTWISE) – Polizeiliche Auswertungen zu Kinderpornografie sind langwierig und kompliziert. Eine neue Software auf Basis von künstlicher Intelligenz in Zusammenarbeit mit Microsoft soll Ermittlern in Nordrhein-Westfalen nun unterstützend helfen, strafrechtlich relevantes Beweismaterial schneller zu erkennen.

Kinderpornografie zu sichten, ist für polizeiliche Ermittler eine schwierige und nervenraubende Aufgabe. Zum einen ist die Arbeit psychisch sehr belastend, zum anderen gibt es massig Material, welches schnell aufgearbeitet werden muss. Künstliche Intelligenz soll der Polizei in Nordrhein-Westfalen nun den Umgang mit der Datenflut erleichtern. Seit Anfang des Jahres 2017 arbeiten das nordrhein-westfälische Justizministerium und die Zentralstelle Cybercrime NRW (kurz auch bekannt als „ZAC“) mit Microsoft und weiteren Softwareexperten an dem Forschungsprojekt mithilfe von künstlicher Intelligenz. Auf einer Pressekonferenz im August des letzten Jahres in Düsseldorf wurden die ersten Ergebnisse vorgestellt.

Der Umgang mit kinderpornografischem Material unterliege sehr engen rechtlichen Rahmenbedingungen, so NRW-Justizminister Peter Biesenbach von der CDU: „Die Anwendung von Technologie im Bereich künstlicher Intelligenz auf Basis von Cloud-Computing und neuronalen Netzen war daher bislang unmöglich für uns, vor allem in Deutschland.“ In dem interdisziplinären Projekt sei es nun aber gelungen, eine Lösung zu entwickeln, welche mit den deutschen Rechten im Einklang stehe.

Der US-amerikanische Softwarekonzern Microsoft zufolge sollen nun in der nächsten Projektphase die Algorithmen mit strafrechtlich relevanten Fotodateien trainiert werden, um die Treffergenauigkeit des Programms zu verbessern. Die Software lernt demnach selbst durch maschinelles Lernen welche Fotos gesucht werden.

Trotz der geplanten Unterstützung durch künstliche Intelligenz will Nordrhein-Westfalen aber auch das humane Personal aufstocken. Mitte Juni des vergangenen Jahres hatte die mehr als 40.000 Köpfe zählende Polizei in Nordrhein-Westfalen nach Angaben des Innenministers für den Deliktbereich lediglich 104 Experten angestellt. Für diese Aufgaben soll das Personal mindestens verdoppelt werden. Bis Ende des Jahres 2020 sollen alle Polizeibehörden zudem technisch in der Lage sein, ihre Daten zum Auswerten und Filtern an das Landeskriminalamt zu überspielen.

Herbert Reul von der CDU, der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, hatte vor Kurzem verlautet, die Ermittlungsbehörden schafften es nicht, „der riesigen Datenmengen Herr zu werden“. Reul zufolge befinden sich von rund 1.900 Ermittlungsverfahren, welche in dem Bundesland Mitte des Jahres wegen Verdachts auf Kindesmissbrauch oder Kinderpornografie anhängig waren, lediglich zwölf Prozent in der Auswertung. Allein 557 Durchsuchungsbeschlüsse warteten auf Vollstreckung.

Ermittler stellen bei Hausdurchsuchungen häufig zahlreiche elektronische Medien wie Notebooks, Festplatten oder Smartphones sicher, auf denen Millionen von Dateien gespeichert sein können. Der NRW-Stabsstelle gegen Kinderpornografie zufolge kann ein Sachbearbeiter im Durchschnitt aber nur 500 Bilder pro Stunde sichten.

„Die große Herausforderung ist, Speichermedien schnell auszuwerten, da die Ermittlungsbehörden Beweismittel nicht unverhältnismäßig lange einbehalten dürfen“, so der Leiter der Cybercrime NRW, Oberstaatsanwalt Markus Hartmann. „Andernfalls besteht das Risiko, dass Beweismittel herausgegeben werden müssen, bevor sicher festgestellt ist, ob kinderpornografisches Material auf ihnen enthalten ist.“


Künstliche Intelligenz für den Kampf gegen Kinderpornografie (Foto: Pixabay)
Künstliche Intelligenz für den Kampf gegen Kinderpornografie (Foto: Pixabay)



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