Gefährdung der Unabhängigkeit der US-Notenbank durch politische Einflüsse

WASHINGTON / LONDON (IT BOLTWISE) – Die Ernennung von Stephen Miran zum Gouverneur der Federal Reserve durch Präsident Donald Trump hat eine Debatte über die Unabhängigkeit der US-Notenbank entfacht. Analysten von JPMorgan warnen vor möglichen Änderungen des Federal Reserve Act, die die Unabhängigkeit der Zentralbank gefährden könnten.

Die Ernennung von Stephen Miran zum Gouverneur der Federal Reserve durch Präsident Donald Trump hat in der Finanzwelt für Aufsehen gesorgt. Miran, der zuvor als Vorsitzender des Council of Economic Advisers im Weißen Haus tätig war, tritt die Nachfolge von Adriana Kugler an, die vorzeitig zurückgetreten ist. Diese Personalentscheidung könnte weitreichende Konsequenzen für die Unabhängigkeit der US-Notenbank haben, wie Analysten von JPMorgan betonen.

Besonders brisant ist ein von Miran im Jahr 2024 mitverfasstes Papier, das eine umfassende Reform der Federal Reserve fordert. Zu den vorgeschlagenen Änderungen zählen unter anderem die Möglichkeit für den US-Präsidenten, Mitglieder des Fed-Vorstands und Präsidenten der Fed-Banken nach Belieben zu entlassen, sowie die Übertragung der regulatorischen Verantwortung der Fed an das Finanzministerium. Diese Vorschläge könnten die politische Einflussnahme auf die Geld- und Regulierungspolitik der USA erheblich verstärken.

Obwohl solche Änderungen die Zustimmung des Kongresses erfordern würden, ist unklar, ob es dafür eine ausreichende Unterstützung gibt. Dennoch zeigt sich, dass Miran mit einer klaren Reformagenda in den Vorstand der Fed einzieht. Sein Papier kritisiert die Fed für “Gruppendenken” und eine Ausweitung ihrer Aufgaben, was seiner Meinung nach die Unabhängigkeit der Institution gefährdet.

JPMorgan sieht in diesen Entwicklungen eine existenzielle Bedrohung für die Unabhängigkeit der Fed. Die Analysten argumentieren, dass nicht die politisch motivierte Neubesetzung von Positionen das Hauptproblem darstellt, sondern die möglichen Änderungen des Federal Reserve Act, die die US-amerikanische Geld- und Regulierungspolitik dauerhaft verändern könnten.

Ein Vertreter der Trump-Administration erklärte gegenüber Fortune, dass die vor dem Eintritt in die Regierung geäußerten Ansichten von Beamten nicht die offiziellen politischen Positionen widerspiegeln. Dennoch bleibt die Frage, wie die Fed auf diese Bedrohung reagieren wird. Der Wharton-Finanzprofessor Jeremy Siegel warnte kürzlich, dass Fed-Chef Jerome Powell möglicherweise zurücktreten müsse, um die langfristige Unabhängigkeit der Fed zu wahren.

Die Fed genießt nach wie vor Unterstützung im Senat, wo Änderungen des Federal Reserve Act 60 Stimmen benötigen würden, um einen Filibuster zu überwinden. Dennoch könnte der Druck auf die Fed zu einer “gewissen Anpassung” an die Forderungen des Weißen Hauses und des Kongresses führen, so die Analysten von JPMorgan.

Eine Neigung zu einer lockereren Geldpolitik könnte angesichts des anhaltenden Drucks des Weißen Hauses, die Zinsen zu senken, entstehen. Diese sind unverändert geblieben, da die Fed die inflationsbedingten Auswirkungen von Trumps Zöllen im Auge behält. Die Unabhängigkeit der Fed soll sie vor solchen politischen Einflüssen schützen, doch diese ist ein komplexes Konzept, das sich aus einer Mischung aus Gesetzen, Normen und Traditionen ergibt.

Michael Pugliese, Senior Economist bei Wells Fargo, hält es für höchst unwahrscheinlich, dass der Kongress den Federal Reserve Act ändern wird, um dem Weißen Haus mehr Einfluss zu gewähren. Dies liegt daran, dass die Demokraten nicht mitziehen würden und die Republikaner wahrscheinlich nicht die Filibuster-Regel im Senat abschaffen würden, um die Unabhängigkeit der Fed sofort zu untergraben.

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