ANKARA / LONDON (IT BOLTWISE) – Ein geplantes Glasfaserkabelprojekt, das Europa mit dem Nahen Osten und Indien verbinden soll, steht im Zentrum geopolitischer Spannungen. Die Türkei droht mit militärischen Mitteln, um den Bau zu verhindern, da sie Teile der geplanten Trasse als ihre ausschließliche Wirtschaftszone beansprucht.
Das geplante Glasfaserkabelprojekt, das von Marseille über Griechenland und Zypern bis nach Saudi-Arabien und in einer zweiten Phase bis nach Indien führen soll, ist mehr als nur ein technisches Vorhaben. Es ist ein strategisches Projekt, das die digitale Infrastruktur zwischen Europa, dem Nahen Osten und Indien stärken soll. Die Investition für den ersten Abschnitt beläuft sich auf rund 850 Millionen Dollar, und die Bauzeit ist auf 40 Monate angesetzt. Doch die Arbeiten stocken, bevor sie richtig begonnen haben, da die Türkei Teile der geplanten Trasse als ihre ausschließliche Wirtschaftszone beansprucht.
Die Türkei droht, den Bau des Kabels notfalls mit Kriegsschiffen zu verhindern. Erst kürzlich stoppte eine türkische Fregatte das deutsche Forschungsschiff Fugro Gauss bei der Vermessung südlich von Zypern. Juristisch ist die Sache aus Sicht der EU klar: Nach der UN-Seerechtskonvention gehören die strittigen Seegebiete Griechenland und Zypern. Ankara erkennt dieses Abkommen jedoch nicht an und beruft sich stattdessen auf ein 2019 mit Libyen geschlossenes Abkommen, das einen eigenen, 200 Kilometer breiten Korridor im östlichen Mittelmeer definiert.
Die Projektgesellschaft East to Med Data Corridor (EMC) ist mehrheitlich im Besitz von Saudi Telecom, mit Beteiligungen des griechischen Versorgers PPC und der zypriotisch-griechischen TTSA. Das Kabel soll Teil der IMEC-Initiative werden, die 2023 auf dem G20-Gipfel beschlossen wurde. Ziel ist es, Handels- und Datenwege zwischen Indien, dem Nahen Osten und Europa zu modernisieren – eine geopolitische Antwort auf Chinas „Neue Seidenstraße“.
Für Ankara geht es jedoch nicht um schnellere Datenübertragung, sondern um Einfluss im östlichen Mittelmeer. Wer hier Seewege, Energie- und Dateninfrastruktur kontrolliert, sichert sich strategische Machtpositionen – sowohl militärisch als auch wirtschaftlich. Die Blockade des Datenkabels ist kein Einzelfall. Die Türkei verhinderte bereits mehrfach Arbeiten am Great Sea Connector, einem geplanten Stromkabel von Griechenland über Zypern nach Israel. Auch hier kamen Kriegsschiffe zum Einsatz, um Vermessungsarbeiten zu unterbinden.
Besonders heikel ist, dass in Teilen der umstrittenen Zone Griechenland mit dem US-Energiekonzern Chevron über Gasexplorationen verhandelt. Für Ankara ist das eine weitere Provokation, die den Konflikt zusätzlich auflädt. Der Streit um das Datenkabel ist damit mehr als nur eine technische Auseinandersetzung. Er ist Teil eines geopolitischen Schachspiels, in dem Seekarten zu Waffen werden und Infrastrukturprojekte zum Druckmittel. Ob das Kabel gebaut wird, hängt nicht allein von Verträgen und Finanzierung ab – sondern davon, ob Europa, Saudi-Arabien und die USA bereit sind, Ankara in diesem Streit die Stirn zu bieten.

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