LONDON (IT BOLTWISE) – In der heutigen digitalen Welt ist das Vertrauen in Cloud-Dienste von entscheidender Bedeutung. Große US-Cloud-Anbieter wie Amazon, Google und Microsoft versuchen, durch den Aufbau von Servern in der EU und rechtliche Zusicherungen das Vertrauen europäischer Kunden zu gewinnen. Doch wie viel Souveränität bieten diese Dienste tatsächlich?
Die Frage der digitalen Souveränität ist in Europa von wachsender Bedeutung, insbesondere angesichts der dominierenden Präsenz von US-Cloud-Anbietern. Amazon, Google und Microsoft haben Initiativen gestartet, um das Vertrauen europäischer Kunden zu gewinnen, indem sie Server in der EU betreiben und rechtliche Zusicherungen bieten. Amazon baut beispielsweise in Brandenburg eine von der globalen AWS-Cloud entkoppelte Infrastruktur, während Google eine speziell abgeschottete Cloud für die Bundeswehr betreibt. Microsoft hingegen wirbt mit einer EU Data Boundary und hat ein „Digital Resilience Commitment“ abgegeben. Diese Maßnahmen sollen garantieren, dass sensible Daten unter nationaler Kontrolle bleiben.
Dennoch bleibt die Frage, ob europäische Anbieter per se mehr digitale Souveränität bieten. Oft wird angenommen, dass der Einsatz von Anbietern aus der EU automatisch zu mehr Kontrolle führt. Viele europäische Firmen nutzen diese Erzählung strategisch, um sich gegen die etablierte US-Konkurrenz zu positionieren. Doch was genau bedeutet „europäisch“? Zählt der Unternehmenssitz, die Serverstandorte oder die Eigentümerstruktur? Auch innerhalb Europas gibt es Negativbeispiele, die zeigen, dass die Herkunft eines Anbieters kein Garant für digitale Souveränität ist.
Digitale Souveränität darf nicht mit technologischer Autarkie verwechselt werden. Vollständige Unabhängigkeit von externen Technologien ist weder realistisch noch wirtschaftlich sinnvoll. Vielmehr geht es um die Fähigkeit, digitale Technologien selbstbestimmt, sicher und regelkonform einsetzen zu können. Vertrauen entsteht durch nachvollziehbare Prozesse, technische Absicherung und vertragliche Garantien – nicht durch Nationalfarben im Logo. Der notwendige Grad an digitaler Souveränität ist zudem kontextabhängig. Für staatliche Infrastruktur können deutlich höhere Anforderungen sinnvoll sein als für ein mittelständisches Unternehmen.
Ein zentraler Aspekt digitaler Souveränität ist der Datenschutz. Kritiker befürchten, dass personenbezogene Daten bei US-Anbietern unkontrolliert in die USA abfließen. Tatsächlich setzt die DSGVO hier enge Grenzen. Datenschutzrechtlich handelt es sich bei dem Einsatz von Cloud-Diensten meist um eine Auftragsverarbeitung, die in der Regel durch europäische Tochtergesellschaften der großen US-Anbieter erfolgt. Wenn diese sich vertraglich verpflichten, Daten nur innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zu verarbeiten, liegt keine Drittlandübermittlung vor.
Der US-CLOUD-Act sorgt immer wieder für Kritik, da er US-Unternehmen verpflichtet, bei rechtmäßigen Anfragen ihrer Strafverfolgungsbehörden auch auf im Ausland gespeicherte Daten zuzugreifen. Theoretisch kann das auch Kundendaten einer europäischen Tochtergesellschaft betreffen. Europäische Tochtergesellschaften unterliegen allerdings dem EU-Recht, das klare Grenzen für Datenzugriffe setzt. Dass selbst Datenschutzaufsichtsbehörden hierzulande mitunter an der Durchsetzbarkeit europäischer Rechts auf europäischem Boden zweifeln, wirft zwar Fragen über das Rollenverständnis der Behörden auf, ändert aber nichts an der Rechtslage.
Digitale Souveränität lässt sich nicht an der Herkunft eines Anbieters festmachen. Weder ein europäischer Firmensitz noch Serverstandorte innerhalb der EU garantieren per se mehr Sicherheit oder Kontrolle. Entscheidend ist vielmehr das Vertrauen, das durch transparente Prozesse, technische Schutzmaßnahmen, rechtlich belastbare Vereinbarungen und Kontrollmöglichkeiten entsteht. Europäische Regelwerke wie die DSGVO bieten – unabhängig davon, ob der Anbieter aus den USA oder der EU stammt – wirksame Instrumente zur Wahrung von digitaler Souveränität.
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