Koffein stört Schlafrhythmen und beeinträchtigt nächtliche Erholung

MONTREAL / LONDON (IT BOLTWISE) – Eine neue Studie der Université de Montréal zeigt, dass Koffein die Komplexität der Gehirnaktivität während des Schlafs erhöht und die nächtliche Erholung beeinträchtigen kann.

Eine aktuelle Untersuchung der Université de Montréal hat aufgedeckt, dass Koffein die Komplexität der Gehirnaktivität während des Schlafs erhöht, was insbesondere bei jüngeren Erwachsenen zu einer Beeinträchtigung der nächtlichen Erholung führen kann. Die Forscher nutzten EEG und künstliche Intelligenz, um den Schlaf von 40 Erwachsenen nach der Einnahme von Koffein oder einem Placebo zu analysieren. Dabei wurden weniger vorhersehbare Gehirnsignale und vermehrte wachähnliche Gehirnwellenmuster festgestellt.

Koffein veränderte die Tiefschlafrhythmen, indem es Theta- und Alpha-Wellen dämpfte und Beta-Wellen stimulierte, die mit Wachsamkeit verbunden sind. Diese Effekte waren bei 20-Jährigen am stärksten ausgeprägt, was wahrscheinlich auf altersbedingte Unterschiede in der Dichte der Adenosinrezeptoren zurückzuführen ist. Dies deutet darauf hin, dass jüngere Gehirne anfälliger für die nächtlichen Auswirkungen von Koffein sind.

Die Studie, die im April in Nature Communications Biology veröffentlicht wurde, wurde von Philipp Thölke, einem Forschungstrainee am Cognitive and Computational Neuroscience Laboratory der UdeM, geleitet und von Karim Jerbi, einem Psychologieprofessor und Forscher am Mila – Quebec AI Institute, mitgeleitet. Gemeinsam mit Julie Carrier, einer Professorin für Schlaf- und Alternspsychologie, und ihrem Team am Centre for Advanced Research in Sleep Medicine der UdeM, untersuchten die Wissenschaftler die Auswirkungen von Koffein auf den Schlaf.

Zum ersten Mal konnte gezeigt werden, dass Koffein die Komplexität der Gehirnsignale erhöht und die Gehirn-„Kritikalität“ während des Schlafs verstärkt. Interessanterweise war dies bei jüngeren Erwachsenen ausgeprägter. „Kritikalität beschreibt einen Zustand des Gehirns, der zwischen Ordnung und Chaos ausbalanciert ist“, erklärte Jerbi. „Es ist wie ein Orchester: Zu leise passiert nichts, zu chaotisch gibt es Kakophonie. Kritikalität ist das glückliche Mittelmaß, in dem die Gehirnaktivität sowohl organisiert als auch flexibel ist.“

Um zu untersuchen, wie Koffein das schlafende Gehirn beeinflusst, zeichnete Carriers Team die nächtliche Gehirnaktivität von 40 gesunden Erwachsenen mit einem Elektroenzephalogramm auf. Sie verglichen die Gehirnaktivität jedes Teilnehmers an zwei verschiedenen Nächten – einmal nach der Einnahme von Koffeinkapseln drei Stunden und dann eine Stunde vor dem Schlafengehen und einmal nach der Einnahme eines Placebos zur gleichen Zeit.

„Wir verwendeten fortgeschrittene statistische Analysen und künstliche Intelligenz, um subtile Veränderungen in der neuronalen Aktivität zu identifizieren“, sagte Thölke, der Erstautor der Studie. „Die Ergebnisse zeigten, dass Koffein die Komplexität der Gehirnsignale erhöhte, was eine dynamischere und weniger vorhersehbare neuronale Aktivität widerspiegelt, insbesondere während der Non-REM-Schlafphase, die für die Gedächtniskonsolidierung und kognitive Erholung entscheidend ist.“

Die Forscher entdeckten auch auffällige Veränderungen in den elektrischen Rhythmen des Gehirns während des Schlafs: Koffein schwächte langsamere Oszillationen wie Theta- und Alpha-Wellen ab, die im Allgemeinen mit tiefem, erholsamem Schlaf verbunden sind, und stimulierte die Beta-Wellenaktivität, die häufiger während der Wachheit und geistigen Beschäftigung vorkommt.

„Diese Veränderungen deuten darauf hin, dass das Gehirn selbst während des Schlafs unter dem Einfluss von Koffein in einem aktivierteren, weniger erholsamen Zustand bleibt“, sagt Jerbi, der auch den Canada Research Chair in Computational Neuroscience and Cognitive Neuroimaging innehat. „Diese Veränderung in der rhythmischen Aktivität des Gehirns könnte helfen zu erklären, warum Koffein die Effizienz beeinträchtigt, mit der sich das Gehirn über Nacht erholt, mit potenziellen Konsequenzen für die Gedächtnisverarbeitung.“

Die Studie zeigte auch, dass die Auswirkungen von Koffein auf die Gehirndynamik bei jungen Erwachsenen zwischen 20 und 27 Jahren signifikant stärker ausgeprägt waren als bei den mittelalten Teilnehmern im Alter von 41 bis 58 Jahren, insbesondere während des REM-Schlafs, der Phase, die mit dem Träumen verbunden ist.

Junge Erwachsene zeigten eine stärkere Reaktion auf Koffein, wahrscheinlich aufgrund einer höheren Dichte von Adenosinrezeptoren in ihren Gehirnen. Adenosin ist ein Molekül, das sich im Laufe des Tages im Gehirn ansammelt und ein Gefühl der Müdigkeit verursacht. „Adenosinrezeptoren nehmen mit dem Alter natürlicherweise ab, was die Fähigkeit von Koffein, sie zu blockieren und die Gehirnkomplexität zu verbessern, verringert. Dies könnte teilweise die reduzierte Wirkung von Koffein bei den mittelalten Teilnehmern erklären“, sagte Carrier.

Diese altersbedingten Unterschiede deuten darauf hin, dass jüngere Gehirne möglicherweise anfälliger für die stimulierenden Effekte von Koffein sind. Angesichts der weit verbreiteten Verwendung von Koffein auf der ganzen Welt, insbesondere als tägliches Mittel gegen Müdigkeit, betonen die Forscher die Bedeutung des Verständnisses seiner komplexen Auswirkungen auf die Gehirnaktivität in verschiedenen Altersgruppen und Gesundheitszuständen.

Sie fügen hinzu, dass weitere Forschung erforderlich ist, um zu klären, wie diese neuronalen Veränderungen die kognitive Gesundheit und das tägliche Funktionieren beeinflussen und um möglicherweise personalisierte Empfehlungen für die Koffeinaufnahme zu leiten.

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