LONDON (IT BOLTWISE) – In der Welt der Finanzberatung und -aufklärung steht der bekannte YouTube-Kanal Finanzfluss derzeit unter Beschuss. Verbraucherschützer werfen dem Kanal vor, seine Unabhängigkeit zugunsten finanzieller Interessen zu opfern. Im Zentrum der Kritik steht ein Video, das die steuerlichen Vorteile von ETF-Policen hervorhebt, jedoch mit Annahmen arbeitet, die in der Realität kaum zutreffen.

Die Diskussion um die Unabhängigkeit von Finanzfluss, einem der bekanntesten Finanzkanäle in Deutschland, hat in den letzten Wochen an Intensität gewonnen. Verbraucherschützer, allen voran Prof. Hartmut Walz, werfen dem Kanal vor, seine Inhalte zugunsten von Produkten zu gestalten, an deren Verkauf er mitverdient. Im Fokus steht ein Video, das die steuerlichen Vorteile von ETF-Policen gegenüber herkömmlichen ETF-Sparplänen hervorhebt.
Prof. Walz kritisiert insbesondere die Annahmen, die in den Berechnungen des Videos getroffen wurden. So wird ein Modellanleger dargestellt, der zum Rentenbeginn über eine Million Euro Gewinn aus einer ETF-Police erzielt, jedoch keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte hat. Diese Annahme sei laut Walz realitätsfern, da im echten Leben kaum jemand ausschließlich von einer solchen Police lebt, ohne andere Einkünfte wie Renten oder Mieten zu haben.
Thomas Kehl, der Betreiber von Finanzfluss, hat auf die Kritik reagiert und die Rechenbeispiele im Video nachträglich angepasst. Er betont, dass das Video rein redaktionell entstanden sei und die Kritik ernst genommen wurde. Dennoch bleibt die Frage, warum die ursprünglichen Annahmen so konstruiert wurden, dass sie den Verkaufsargumenten eines Vertriebspartners entsprechen.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Struktur von ETF-Policen selbst. Walz weist darauf hin, dass viele dieser Verträge vorzeitig gekündigt werden, wodurch der Steuervorteil verloren geht. Finanzfluss habe dieses Risiko im Video kaum thematisiert, sondern stattdessen ein Szenario konstruiert, in dem der ETF-Sparer sein Depot alle 15 Jahre komplett umschichtet, was ebenfalls als unrealistisch angesehen wird.
Michael C. Jakob, ein unabhängiger Aktienanalyst, äußert sich ebenfalls kritisch, wenn auch differenziert. Er lobt die nachträgliche Offenlegung der Rechenmodelle und die redaktionellen Korrekturen, betont jedoch, dass die ursprünglichen Beispiele nicht alle realistischen Lebenssituationen abgebildet haben. Auch Michael Ritzau, ein Honorarberater, warnt davor, sich bei der Entscheidung für ein Finanzprodukt allein auf Steuerersparnisse zu verlassen.
Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg geht noch weiter und stellt die grundsätzliche Unabhängigkeit von Finanzfluss in Frage. Er sieht den Kanal als Vertriebskanal, der durch Provisionen und Affiliate-Links finanziell profitiert. Dies erfordert laut Nauhauser eine doppelte Transparenz oder den Verzicht auf solche Geschäftsmodelle.
Der Fall Finanzfluss zeigt, wie eng heute Aufklärung und Marketing verzahnt sind, insbesondere bei Formaten, die als neutrale Ratgeber auftreten, aber wirtschaftlich mit den Produkten verwoben sind, die sie erklären. Die Anpassungen von Thomas Kehl sind ein Schritt in die richtige Richtung, doch bleibt ein Vertrauensbruch, der die Glaubwürdigkeit des Kanals nachhaltig beeinträchtigen könnte.

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