GENF / LONDON (IT BOLTWISE) – Die Welthandelsorganisation (WTO) steht vor einer entscheidenden Phase. Durch die Blockade der USA ist das Berufungsgremium der WTO seit 2017 lahmgelegt, was die Fähigkeit der Organisation zur Streitschlichtung erheblich beeinträchtigt. Experten warnen vor den wirtschaftlichen Folgen eines möglichen Zerfalls der WTO, der insbesondere für exportorientierte Nationen wie Deutschland gravierende Auswirkungen haben könnte.

Die Welthandelsorganisation (WTO) befindet sich in einer kritischen Phase, die durch die anhaltende Blockade der USA gegen die Nachbesetzung des Berufungsgremiums ausgelöst wurde. Diese Blockade hat das Herzstück der globalen Streitschlichtung lahmgelegt und die Fähigkeit der WTO, Handelskonflikte zu lösen, erheblich beeinträchtigt. Seit ihrer Gründung im Jahr 1995 hat die WTO als Fundament des internationalen Handels gedient, indem sie Transparenz und Berechenbarkeit durch gemeinsame Regeln und ein Schiedsgericht geschaffen hat.
Die Auswirkungen dieser Blockade sind weitreichend. Unternehmen wie Thyssenkrupp Steel berichten, dass Länder wie China gezielt Einfuhrregeln umgehen, indem sie Produkte über Drittländer nach Europa exportieren. In den USA haben Strafzölle den Trend zu bilateralen Abkommen beschleunigt, was die globale Handelslandschaft weiter fragmentiert. Exportorientierte Unternehmen, darunter der deutsche Aluminiumproduzent Trimet, spüren die Auswirkungen dieser Verschiebungen auf Märkte, die bisher als stabil galten.
Eine Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) beziffert die möglichen wirtschaftlichen Schäden eines Zerfalls der WTO-Regeln. Die Europäische Union könnte einen Verlust von 0,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung erleiden, während Deutschland sogar einen Rückgang von 3,2 Prozent verzeichnen könnte. Für eine Exportnation wie Deutschland wäre dies ein schwerer Schlag, der weit über die Automobil- und Stahlbranche hinausreicht.
Trotz dieser Herausforderungen ist das Bild einer “toten Organisation” übertrieben. Zahlreiche Komitees in Genf arbeiten weiterhin an der Verhandlung technischer Standards, Zollverfahren und Grenzabfertigungen. Diese unsichtbare Arbeit im Hintergrund ist systemrelevant, da viele Konflikte entschärft werden, bevor sie eskalieren. Zudem bauen fast alle bilateralen Handelsabkommen auf WTO-Regeln auf, was deren Bedeutung unterstreicht.
Die Blockade durch die USA hat paradoxerweise zu Innovationen geführt. Die Europäische Union, China und über 20 weitere Staaten haben ein paralleles Schiedsgericht eingerichtet, das als Blaupause für die Zukunft dienen könnte. Experten erwarten, dass sich die WTO künftig als “Club-System” neu organisiert, mit plurilateralen Abkommen für spezifische Themen wie digitalen Handel oder Dienstleistungen.
Die wirtschaftlichen Gewichte verschieben sich zunehmend in den asiatisch-pazifischen Raum, wie neue Mega-Abkommen wie RCEP oder CPTPP zeigen. Soll die WTO überleben, muss sie diese Realitäten anerkennen und Europa wird sich auf Zugeständnisse an Länder wie China, Indien oder Indonesien einstellen müssen. Ohne eine multilaterale Instanz fehlt dem Welthandel ein unparteiischer Schiedsrichter, und nationale Alleingänge sowie regionale Deals können dies nicht ersetzen.

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