CAMBRIDGE / LONDON (IT BOLTWISE) – Eine neue Studie zeigt, dass Erwachsene detailliertere Kindheitserinnerungen abrufen können, wenn sie sich selbst mit einem kindlichen Gesicht sehen. Diese Entdeckung könnte neue Ansätze für die Gedächtnisrehabilitation bieten und das Verständnis der Kindheitsamnesie vertiefen.

In einer faszinierenden neuen Studie haben Forscher herausgefunden, dass Erwachsene in der Lage sind, detailliertere Erinnerungen an ihre Kindheit abzurufen, wenn sie sich selbst mit einem kindlichen Gesicht wahrnehmen. Diese Entdeckung wurde durch die Anwendung einer sogenannten ‘Enfacement-Illusion’ ermöglicht, bei der Teilnehmer ein Live-Video ihres Gesichts sehen, das digital so verändert wurde, dass es ihrem kindlichen Aussehen ähnelt. Diese Illusion erzeugt ein starkes Gefühl, das jüngere Selbst zu verkörpern, und führt zu einer signifikanten Verbesserung des Zugangs zu frühen episodischen Erinnerungen.
Die Studie, die von Neurowissenschaftlern der Anglia Ruskin University in Cambridge durchgeführt wurde, ist die erste ihrer Art, die zeigt, dass Veränderungen der Körperwahrnehmung den Zugang zu entfernten Erinnerungen beeinflussen können. Die Teilnehmer, die ihr kindliches Gesicht sahen, erinnerten sich an deutlich mehr Details aus ihrer Kindheit als die Kontrollgruppe, die ihr unverändertes Erwachsenengesicht sah. Diese Ergebnisse bieten neue Einblicke in die Interaktion zwischen Körperwahrnehmung und Gedächtnis und könnten den Weg für neue Techniken zur Erschließung bisher unzugänglicher Erinnerungen ebnen.
Die Forscher glauben, dass diese Technik eines Tages für Menschen mit Gedächtnisbeeinträchtigungen angepasst werden könnte oder um die Kindheitsamnesie zu erforschen. Dr. Utkarsh Gupta, der die Studie im Rahmen seiner Promotion an der Anglia Ruskin University leitete, erklärt, dass alle Ereignisse, die wir uns merken, nicht nur Erfahrungen der Außenwelt sind, sondern auch Erfahrungen unseres Körpers, der immer präsent ist. Die Wiederherstellung ähnlicher körperlicher Hinweise könnte uns helfen, diese Erinnerungen auch Jahrzehnte später abzurufen.
Professor Jane Aspell, die das Self & Body Lab an der Anglia Ruskin University leitet, fügt hinzu, dass die Ergebnisse darauf hindeuten, dass der körperliche Selbstbezug und das autobiografische Gedächtnis miteinander verbunden sind. Temporäre Veränderungen der körperlichen Erfahrung können den Zugang zu entfernten autobiografischen Erinnerungen erleichtern. Diese aufregenden Ergebnisse könnten dazu führen, dass in Zukunft noch ausgefeiltere Körperillusionen entwickelt werden, um Erinnerungen aus verschiedenen Lebensphasen zu erschließen, möglicherweise sogar aus der frühen Kindheit.

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