BIAŁYSTOK / LONDON (IT BOLTWISE) – Eine neue Analyse genetischer Daten legt nahe, dass Personen mit einer genetischen Veranlagung für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder Autismus-Spektrum-Störung ein erhöhtes Risiko für bestimmte Herzkrankheiten haben könnten. Die Forschung, die Ergebnisse aus 14 verschiedenen Studien zusammenfasst, deutet auf potenzielle kausale Zusammenhänge zwischen diesen neuroentwicklungsbedingten Erkrankungen und der kardiovaskulären Gesundheit hin.

Eine aktuelle Untersuchung genetischer Daten hat ergeben, dass Menschen mit einer genetischen Veranlagung für ADHS oder Autismus-Spektrum-Störung möglicherweise ein erhöhtes Risiko für bestimmte Herzkrankheiten haben. Diese Forschung, die Ergebnisse aus 14 verschiedenen Studien zusammenfasst, deutet auf potenzielle kausale Zusammenhänge zwischen diesen neuroentwicklungsbedingten Erkrankungen und der kardiovaskulären Gesundheit hin. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Cells veröffentlicht.
ADHS und Autismus-Spektrum-Störung gelten beide als neuroentwicklungsbedingte Erkrankungen, die typischerweise früh in der Entwicklung eines Menschen auftreten und mit dem Wachstum und der Funktion des Gehirns in Verbindung stehen. ADHS ist oft durch Muster von Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität gekennzeichnet, während Autismus-Spektrum-Störung durch Unterschiede in der sozialen Kommunikation und Interaktion sowie durch eingeschränkte oder repetitive Verhaltensweisen und Interessen charakterisiert ist. Seit vielen Jahren beobachten Ärzte und Forscher, dass Menschen mit diesen Erkrankungen scheinbar höhere Raten an Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen, doch der Grund für diesen Zusammenhang war bisher unklar.
Frühere Studien, die diesen Zusammenhang zeigten, waren meist beobachtend. Sie konnten eine Korrelation feststellen, beispielsweise dass Erwachsene mit ADHS eine 20-prozentige Prävalenz von Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. Sie konnten jedoch nicht beweisen, dass eine Erkrankung die andere verursacht. Die Beziehung könnte durch andere Faktoren erklärt werden, die als Störfaktoren bekannt sind. Zum Beispiel könnten Lebensgewohnheiten, Stressniveaus oder die Nebenwirkungen von Medikamenten zu Herzproblemen beitragen, was es schwierig macht, den direkten Einfluss der neuroentwicklungsbedingten Erkrankung selbst zu isolieren.
Um der Kausalität näher zu kommen, führten Forscher unter der Leitung von Piotr Ryszkiewicz von der Medizinischen Universität Białystok in Polen eine neue Art der Analyse durch. Ihr Ziel war es, zu untersuchen, ob die genetischen Faktoren, die das Risiko für diese neuroentwicklungsbedingten Erkrankungen erhöhen, auch direkt das Risiko für Herzkrankheiten erhöhen.
Die Forscher führten eine systematische Überprüfung und Meta-Analyse von Studien durch, die eine Methode namens Mendelsche Randomisierung verwendeten. Diese Technik nutzt genetische Informationen, um kausale Beziehungen zwischen einem Risikofaktor und einem gesundheitlichen Ergebnis zu untersuchen. Die Methode basiert auf dem Prinzip, dass genetische Varianten zufällig von den Eltern an ihre Nachkommen weitergegeben werden, ähnlich wie Teilnehmer in einer klinischen Studie zufällig verschiedenen Gruppen zugewiesen werden.
Durch die Verwendung genetischer Varianten, die mit einer bestimmten Erkrankung wie ADHS in Verbindung stehen, können Wissenschaftler feststellen, ob diese gleichen Varianten auch mit einem Ergebnis wie Herzinsuffizienz in Verbindung stehen. Wenn eine Verbindung gefunden wird, liefert dies stärkere Beweise für einen kausalen Zusammenhang, da die genetische Ausstattung einer Person nicht durch Lebensstil oder andere Umweltfaktoren beeinflusst wird.
Ryszkiewicz und seine Kollegen durchsuchten drei große wissenschaftliche Datenbanken nach allen vorhandenen Studien zur Mendelschen Randomisierung, die die Zusammenhänge zwischen ADHS, Autismus-Spektrum-Störung und verschiedenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersuchten. Sie identifizierten 14 Studien, die ihren Kriterien entsprachen. Das Team extrahierte dann die Daten aus diesen Studien und bewertete deren methodische Qualität, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse zuverlässig waren. Sie analysierten die Daten in zwei Richtungen: Erstens, ob die genetische Veranlagung für eine neuroentwicklungsbedingte Erkrankung das Risiko für Herzkrankheiten beeinflusste, und zweitens, ob die genetische Veranlagung für Herzkrankheiten das Risiko für eine neuroentwicklungsbedingte Erkrankung beeinflusste.
Die kombinierte Analyse ergab mehrere signifikante genetische Verbindungen. Eine genetische Veranlagung für ADHS war mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von koronarer Herzkrankheit, Herzinsuffizienz und mehreren Formen von Schlaganfällen verbunden. Insbesondere deuteten die Daten auf eine höhere Wahrscheinlichkeit für jeglichen Schlaganfall, ischämischen Schlaganfall und großarterielle atherosklerotische Schlaganfälle bei Personen mit den genetischen Markern für ADHS hin. Dies legt nahe, dass die biologischen Wege, die mit ADHS verbunden sind, direkt zur Entwicklung dieser schwerwiegenden kardiovaskulären Probleme beitragen können.
Die Ergebnisse für die Autismus-Spektrum-Störung zeigten ein anderes, aber ebenfalls besorgniserregendes Muster. Eine genetische Veranlagung für Autismus-Spektrum-Störung war mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Vorhofflimmern, einer Art von unregelmäßigem Herzschlag, und Herzinsuffizienz verbunden. Die Analyse fand keine genetische Verbindung zwischen Autismus-Spektrum-Störung und Schlaganfall oder koronarer Herzkrankheit.
Als die Forscher die Beziehung in die andere Richtung untersuchten, fanden sie eine bemerkenswerte Verbindung. Eine genetische Veranlagung für Vorhofflimmern war mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von ADHS verbunden. Die Analyse ergab nicht, dass Bluthochdruck oder hoher Blutdruck eine genetische Verbindung zu ADHS oder Autismus-Spektrum-Störung hatte.
Die Autoren der Studie wiesen auf einige Einschränkungen ihrer Arbeit hin. Die Anzahl der für die Analyse verfügbaren Studien war für einige der spezifischen Vergleiche gering, was bedeutet, dass einige Schlussfolgerungen mit Vorsicht interpretiert werden sollten, bis weitere Forschung durchgeführt wird. Eine weitere wesentliche Einschränkung ist, dass die meisten der genetischen Daten aus Studien von Personen europäischer Abstammung stammten. Dies macht es unsicher, ob die Ergebnisse auf Menschen aus anderen ethnischen Hintergründen verallgemeinert werden können. Darüber hinaus führten viele der analysierten Studien keine Power-Berechnungen durch, die verwendet werden, um festzustellen, ob eine Studie groß genug ist, um einen echten Effekt zu erkennen.
Zukünftige Forschung sollte darauf abzielen, die spezifischen biologischen Mechanismen zu entwirren, die die Gene für diese neuroentwicklungsbedingten Erkrankungen mit der kardiovaskulären Gesundheit verbinden. Das Verständnis dieser Wege könnte zu besseren Präventions- und Behandlungsstrategien führen.
Die aktuellen Ergebnisse legen nahe, dass Kliniker die kardiovaskuläre Risikobewertung als Teil der routinemäßigen Versorgung von Personen mit ADHS und Autismus-Spektrum-Störung in Betracht ziehen sollten. Eine frühzeitige Überwachung und Intervention in Bezug auf Lebensstilfaktoren wie Ernährung und Bewegung könnte eine wichtige Rolle bei der langfristigen Gesundheitsverwaltung von Menschen mit diesen Erkrankungen spielen. Die Forschung hebt auch die Notwendigkeit für weitere Studien hervor, um diese bidirektionalen Beziehungen zu untersuchen, insbesondere wie bestimmte Arten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen das Risiko für die Entwicklung neuroentwicklungsbedingter Erkrankungen beeinflussen könnten.

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