LONDON (IT BOLTWISE) – Die Diskussion um Zucker und seine potenziell süchtig machenden Eigenschaften gewinnt an Fahrt. Eine neue wissenschaftliche Überprüfung legt nahe, dass Zucker nicht nur eine Metapher für Abhängigkeit ist, sondern tatsächlich messbare Auswirkungen auf das Gehirn und das Verhalten hat, die denen von Drogenabhängigkeit ähneln.

Die Vorstellung, dass Zucker süchtig machen kann, ist nicht neu, aber eine aktuelle wissenschaftliche Überprüfung bringt neue Argumente in die Debatte ein. Forscher der China-Japan Union Hospital of Jilin University und der Changchun University of Technology haben eine Vielzahl von Studien analysiert, um zu zeigen, dass Zucker die Belohnungssysteme des Gehirns kapern kann. Diese Systeme sind auch bei Drogenabhängigkeit aktiv, was darauf hindeutet, dass Zucker als Verhaltenssucht betrachtet werden könnte.
Verhaltenssüchte sind Muster von Verhaltensweisen, die, obwohl keine chemischen Substanzen involviert sind, dennoch Verlangen, Kontrollverlust und Entzugserscheinungen hervorrufen können. Diese Verhaltensweisen stimulieren die Belohnungskreise des Gehirns ähnlich wie Nikotin oder Opioide. Die Weltgesundheitsorganisation erkennt in ihrem neuesten diagnostischen Rahmenwerk, dem ICD-11, Verhaltenssüchte an, die das normale Funktionieren einer Person beeinträchtigen.
Die Forscher argumentieren, dass Zuckerabhängigkeit in dieses Profil passt. Zuckerreiche Lebensmittel sind nicht nur weit verbreitet und gesellschaftlich akzeptiert, sondern haben auch starke neurochemische Effekte. Zucker aktiviert das Dopaminsystem des Gehirns, das für das Gefühl von Freude und Belohnung verantwortlich ist. Bei wiederholtem Konsum kann dies zu einer Toleranz führen, was bedeutet, dass größere Mengen benötigt werden, um den gleichen Effekt zu erzielen.
Tierstudien zeigen, dass Ratten, die Zucker im Übermaß konsumieren, Verhaltensweisen zeigen, die denen von Drogenabhängigkeit ähneln: zwanghaftes Suchen, Schwierigkeiten beim Aufhören und sogar Entzugssymptome. Diese Effekte werden durch dieselben Gehirnstrukturen vermittelt, die auch bei Substanzgebrauchsstörungen eine Rolle spielen, einschließlich des Nucleus accumbens und der Amygdala.
Auf sensorischer Ebene ist der Körper darauf vorbereitet, auf Süße zu reagieren. Spezialisierte Rezeptoren auf der Zunge und im Darm erkennen Zucker und senden Signale an das Gehirn. Diese metabolischen Veränderungen können zu Schwankungen im Energielevel und in der Stimmung führen und in einigen Fällen ein erneutes Verlangen auslösen. Langfristig kann dieses Muster das innere Gleichgewicht des Körpers stören und das Verlangen nach Zucker verstärken.
Die Überprüfung hebt hervor, wie sich die Belohnungswege des Gehirns durch wiederholten Zuckerkonsum verändern. Übermäßiger Zuckerkonsum kann auch andere Neurotransmitter wie Serotonin und Endorphine beeinflussen, sowie Hormone, die Hunger und Sättigung regulieren. Diese Veränderungen können emotionales Essen verstärken und es schwieriger machen, Verlangen zu widerstehen, insbesondere in stressigen Situationen.
Obwohl Zuckerabhängigkeit noch nicht als klinische Diagnose anerkannt ist, fordern die Autoren der Studie weitere Forschung, um zu verstehen, wie Zucker das Gehirn und Verhalten beeinflusst. Sie schlagen vor, dass zukünftige Studien genetische und umweltbedingte Faktoren untersuchen sollten, die die Anfälligkeit für Zuckerabhängigkeit beeinflussen.
Einige Medikamente, wie Dopamin-Antagonisten, haben in Tiermodellen gezeigt, dass sie Zuckercravings reduzieren können. Ihre langfristige Sicherheit und Wirksamkeit beim Menschen bleibt jedoch unklar. Nicht-medikamentöse Strategien, einschließlich kognitiver Verhaltenstherapie und öffentlicher Aufklärung, könnten helfen, das Bewusstsein für Essgewohnheiten zu verbessern.

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