NEW HAVEN / LONDON (IT BOLTWISE) – In der Welt der Neurowissenschaften gibt es immer wieder faszinierende Entdeckungen, die unser Verständnis von Gehirnfunktionen erweitern. Eine solche Entdeckung wurde kürzlich von Wissenschaftlern der Yale University gemacht, die herausfanden, dass ein einzelnes Neuron in Fruchtfliegen zwei unterschiedliche Verhaltensweisen auslösen kann, wenn es auf denselben Geruchsstimulus trifft.
Die Forschungsergebnisse der Yale University werfen ein neues Licht auf die Komplexität neuronaler Schaltkreise. Traditionell ging man davon aus, dass Neuronen jeweils eine spezifische Funktion erfüllen. Doch die jüngsten Erkenntnisse zeigen, dass ein einzelnes olfaktorisches Neuron in Fruchtfliegen in der Lage ist, zwei unterschiedliche Verhaltensweisen zu steuern: die Richtung der Bewegung und die Geschwindigkeit. Diese Entdeckung könnte weitreichende Implikationen für unser Verständnis der neuronalen Kodierung komplexer Verhaltensweisen haben.
Im Zentrum der Studie steht ein olfaktorisches Neuron, das auf den Geruch von verrottendem Obst reagiert. Dieses Neuron sendet Signale an zwei nachgeschaltete Neuronen, die jeweils unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Während das eine Neuron die Bewegung der Fliegen in Richtung des Geruchs aufrechterhält, reguliert das andere die Geschwindigkeit, mit der sie sich bewegen. Diese duale Funktionalität stellt die bisherige Annahme in Frage, dass Neuronen nur eine einzige Aufgabe erfüllen.
Die Forscher untersuchten die elektrischen Signale, die von diesen Neuronen erzeugt werden, und fanden heraus, dass die beiden nachgeschalteten Neuronen unterschiedlich auf denselben Geruchsstimulus reagieren. Lateral Horn Neuron 1 (LHN1) erzeugt eine konstante elektrische Aktivität, während Lateral Horn Neuron 2 (LHN2) eine kurze Spitze gefolgt von einem Abfall zeigt. Diese Unterschiede in der Signalverarbeitung führen zu den beobachteten Verhaltensänderungen.
Um die Auswirkungen dieser Unterschiede auf das Verhalten der Fruchtfliegen zu testen, modifizierten die Forscher genetisch die Fliegen, sodass entweder LHN1 oder LHN2 nicht funktionierte. In einem Windkanal-Experiment zeigte sich, dass Fliegen mit deaktiviertem LHN2 nicht schneller wurden, wenn der Geruch intensiver wurde, was darauf hindeutet, dass dieser neuronale Weg für die Geschwindigkeitsregulierung verantwortlich ist. Fliegen mit deaktiviertem LHN1 bewegten sich weiterhin in Richtung des Geruchs, hörten jedoch auf, sich zu bewegen, wenn die Geruchskonzentration abnahm.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Effizienz der neuronalen Signalverarbeitung durch die Fähigkeit eines einzelnen Neurons, mehrere Informationsströme zu erzeugen, erheblich gesteigert werden kann. Dies könnte ein Schlüssel zur Entschlüsselung der Funktionsweise kompakter neuronaler Schaltkreise sein, die in der Lage sind, komplexe Verhaltensweisen zu steuern.
Die Forscher sind nun daran interessiert, ob es sichtbare Merkmale gibt, die diese unterschiedlichen Übertragungsmuster vorhersagen können. Eine kürzlich abgeschlossene Konnektivitätskarte jedes Neurons im Gehirn der Fliege zeigt zwar die Struktur der neuronalen Wege, aber nicht deren Funktion. Sollte es gelingen, die feinen Details der neuronalen Verbindungen mit deren Dynamik in Einklang zu bringen, könnte dies ein bedeutender Schritt in Richtung eines ‘Rosetta-Steins’ für die Übersetzung zwischen Schaltkreisstruktur und -funktion sein.
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